Einkaufsconsulting: Berater machen Einkaufsabteilungen fit und Firmen rentabler

Die Bedeutung des Einkaufs für die Gesamtperformance eines Unternehmens wurde lange unterschätzt. Spezialisierte Berater sorgen nun für eine Professionalisierung der Beschaffung in den Betrieben.

Für Gerd Kerkhoff ist eines auch im trübsten Winterlicht ganz sonnenklar: „Wir stehen vor dem Jahrzehnt des Einkaufs!“ Die Zeitrechnung des deutschen Beraters orientiert sich an den Jahren der Hochkonjunktur, die verschiedene Unternehmensbereiche in der Vergangenheit erlebten. So wie demnach die 70er das Jahrzehnt der Produktion waren, die 80er jenes des Marketings und die jüngere Vergangenheit die Ära des Vertriebs und der Starverkäufer, so postuliert Kerkhoff nun für die Zehnerjahre des 21. Jahrhunderts das Primat des Einkaufs. „In zehn Jahren wird jeder Einkaufschef auch ganz automatisch in der Geschäftsleitung sitzen“, prognostiziert der Gründer des Einkaufs- und Beschaffungsberaters Kerkhoff Consulting.

Die Logik hinter seiner Vorhersage: Durch zunehmende Markttransparenz sind Verkaufspreise immer weniger frei kalkuliert und immer stärker vom Wettbewerb vorgegeben. Der Deckungsbeitrag kann daher fast nur noch über den günstigeren Einkauf gesteigert werden. Doch nicht nur deshalb avancieren die Einkäufer in eine zentrale Rolle innerhalb ihrer Unternehmen. „In Zeiten steigender Rohstoffpreise und knapper Ressourcen liegt es am Einkauf, Versorgungssicherheit mit knappen Gütern zu akzeptablen Preisen nachhaltig sicherzustellen“, sagt Kerkhoff.

Der Einkäufer der Zukunft muss also nicht ein noch besserer Preisdrücker sein, sondern ein Manager, der die Versorgung mit Ausgangsprodukten strategisch absichert und optimiert. Das kann im konkreten Einzelfall auch das Abwägen bedeuten, ob es vorteilhafter ist, einem Lieferanten noch günstigere Preise abzupressen, oder ob dabei bereits das Risiko überwiegt, diesen damit in die Insolvenz zu treiben und damit die eigene Versorgungsader zu kappen. „All diese Überlegungen liegen nicht im Naturell eines klassischen operativen Einkäufers“, weiß Gundula Jäger, Leiterin des Wiener Kerkhoff-Büros.

Aufschwung in der Krise

So wie Kerkhoff und seine Consultants hat sich auch Willy Aigelsreiter, Partner und Geschäftsführer von Kloepfel Consulting in Österreich, Optimierung und Kostensenkung in der Beschaffung auf seine Fahnen geschrieben. Kloepfel, ebenfalls in Düsseldorf ansässig, startete im November 2008 in Österreich und beschäftigt heute hier laut Aigelsreiter 14 Mitarbeiter.

Der Österreich-Start mitten in die virulent werdende Krise hinein war für ihn kein Nachteil – im Gegenteil. Die in Aussicht gestellten Einsparungen versprechen nämlich genau das, was Firmen in dieser Zeit am dringendsten brauchten und auch heute nicht missen wollen: mehr Liquidi82 tät und die Optimierung des Working Capital. Aigelsreiter rechnet den Effekt anhand des Fallbeispiels eines Mittelständlers mit 40 Millionen Euro Jahresumsatz vor. Als Faustregel gehen die Berater – Kerkhoff ebenso wie Kloepfel – davon aus, dass Profis für etwa 60 bis 70 Prozent des gesamten Einkaufsvolumens Verbesserungen erzielen können. Deren Potenzial liegt – je nach Branche und individueller Situation – bei 5 bis 15 Prozent.

In Aigelsreiters Fallbeispiel lukriert der Mittelständler binnen eines halben Jahres einen Effekt von fast einer Million Euro, im darauffolgenden Jahr weitere 700.000 Euro. Um das gleiche wirtschaftliche Ergebnis zu erzielen, müsste er bei einer angenommenen Rendite von 5 Prozent seinen Umsatz um nicht weniger als 60 Prozent ausweiten. „Einkaufsoptimierung ist eine der effizientesten Arten, die Liquidität zu verbessern“, resümiert Aigelsreiter. „Das ergibt echte Renditesprünge“, unterstreicht auch Kerkhoff-Expertin Jäger. Was übrigens nicht nur für die Klienten, sondern auch für die Berater selbst zutrifft. „Wir sind in den Jahren 2008 und 2009 um 20 Prozent gewachsen. Die Unternehmen haben sich nämlich unter dem Druck der Krise viel rascher entschlossen, Einkaufsprojekte durchzuziehen“, bestätigt Gerd Kerkhoff, dass die Krise ein Art Initialzündung für die Professionalisierung des Einkaufs war.

Auf der Beraterseite befassen sich nicht mehr nur Spezialisten wie Kerkhoff und Kloepfel mit dem Thema. So präsentierte ein Autorenteam um Christian Schuh, Partner beim klassischen Strategieberater A. T. Kearney, kürzlich das Buch „Der agile Einkauf – Erfolgsgarant in unsicheren Zeiten“ und positionierte sich damit ebenfalls in diesem Wachstumssegment.

Kundennähe und Erfolgshonorare

In der Projektphase sitzen die Berater direkt beim Kunden und arbeiten gemeinsam mit dessen Einkaufsmitarbeitern an der Umsetzung – verhandeln also etwa mit Lieferanten und implementieren die notwendigen Prozesse. „Wir sind nicht der Sportdirektor, wir kicken“, erklärt Kerkhoff den umsetzungsorientierten Ansatz. So haben seine Berater etwa Agrana dabei unterstützt, eine globale Einkaufsorganisation für Tiefkühlfrüchte auf die Beine zu stellen. „Die Höhe der umgesetzten Einsparungen übertraf unsere Erwartungen“, äußert sich Kapsch-CEO Franz Semernegg zum Effekt eines mit Kloepfel Consulting umgesetzten Projekts.

Bei Kloepfel ist das Beraterhonorar zu 100 Prozent erfolgsabhängig. „Wir verrechnen einen Vorschuss von 500 Euro pro Beratertag und bekommen 50 Prozent der im ersten Jahr erzielten Einsparung“, erklärt Aigelsreiter das Vergütungsmodell. Die rein erfolgsorientierte Honorierung der Beratungsleistungen lehnt Kerkhoff dageben ab. Bei ihm kommt ein fester Tagsatz zur Verrechnung plus eine prozentuelle Beteiligung am Erfolg für vorher festgelegte Ziele.

– Michael Schmid

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