Strategien für Unternehmen mit Russland-Business
Westliche Unternehmen haben recht unterschiedlich auf den Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland reagiert. Krisenkommunikations-Experte Daniel Laufer zeigt anhand dessen Optionen und Strategien für die Krisenkommunikation auf.
Alle Stecker ziehen: Die meisten westlichen Unternehmen haben als Folge des Kriegs in der Ukraine die Geschäfte mit und in Russland gestoppt.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat Unternehmen und Konzerne, die mitunter schon seit Jahrzehnten mit und in Russland Geschäftsbeziehungen unterhalten vor eine unerwartet neue Herausforderung gestellt: Wie sollen sie mit dieser Situation umgehen? Ihr Business aufgeben? Sich aus Russland zurückziehen? Das Geschäft auf Eis legen? Oder doch weitermachen wie bisher - in der Hoffnung, dass der Krieg bald zu Ende geht und eine Rückkehr zu Normalität möglich wird?
Nach mehreren Monaten Krieg haben wohl die letzten Befürworter der "Business as usual" Variante die Hoffnung aufgegeben, dass eine baldige Rückkehr zur Normalität möglich sein wird. Das Eingeständnis des früheren Deutschen Innenministers Thomas de Maizière im trend. Interview, dass die Politik gegenüber Russland auf einer Fehleinschätzung beruhte, gilt praktisch ohne Einschränkung auch für die Wirtschaft.
Internationale Konzerne und Unternehmen mit Business in Russland haben dennoch recht unterschiedlich auf den Ukraine-Krieg und die Sanktionen des Westens reagiert. Daniel Laufer, international renommierter Experte für strategische Kommunikation und Krisenkommunikations-Experte sowie langjähriges Faculty Member der WU Executive Academy, skizziert vier mögliche Szenarien für Unternehmen und zeigt mögliche Kommunikationsstrategien auf.
Laufer hilft Unternehmen dabei, in Krisen ihre Reputation zu wahren und Schadensbegrenzung zu betreiben. Er zeigt anhand von vier typischen Szenarien im Fall des Kriegs in der Ukraine Kommunikationsstrategien für Unternehmen auf. Doch auch er sagt: „Kommunizieren alleine reicht nicht, man muss auch die entsprechend richtigen Taten setzen. Manchmal ist es einfach wichtig, nach den eigenen Werten als Unternehmen zu handeln – und dabei den Schaden so gering wie möglich zu halten. In der Regel belohnt es auch die Kundschaft, wenn man offen Stellung bezieht.
Strategie 1: Kompletter Rückzug aus Russland
- Alle Standorte in Russland werden geschlossen.
- Die Mitarbeiter werden gekündigt.
- Das Unternehmen zieht sich auf unbestimmte Zeit aus Russland zurück.
Die Mehrheit der westlichen Unternehmen hat sich für diesen Weg entschieden. Die Yale School of Management beobachtet seit Beginn der russischen Invasion in die Ukraine die Reaktionen von über 1.200 Unternehmen. Mittlerweile haben über 1.000 davon die Geschäftsbeziehungen zu Russland komplett abgebrochen.
„Es ist aber stets die Frage, wie groß der Anteil meines Businesses in Russland war. Nicht jeder kann sich das leisten aus der Unternehmensperspektive heraus“, räumt Laufer ein. Allerdings sollten die Unternehmen dabei nicht nur auf den Geschäftsentgang und die dadurch entstehenden Kosten schauen. Im Gegenzug könnten sie nämlich auch mit höheren Einnahmen rechnen, wie Jeffrey Sonnenfeld, Steven Tian und Steven Zaslavsky in einem Artikel für die Washington Post aufgezeigt haben. Im Gegenzug dazu werden Unternehmen für den Exit aus Russland mit höheren Aktienkursen belohnt – so etwa bei der Société Generale geschehen.
"Auch müssen Unternehmen, die in Russland bleiben, mit den höchsten Kosten und großem Schaden in ihrer Reputation und Marke rechnen“, sagt Laufer, „Unternehmen, die ihr Business in Russland gestoppt vollständig haben, wurden dagegen in der Öffentlichkeit am positivsten wahrgenommen."
Die Kommunikationsstrategie für den Rückzug aus Russland
Daniel Laufer rät Unternehmen: „Kommunizieren Sie den Rückzug mit dem Argument, dass es im Moment keine andere Lösung für das Unternehmen gibt. Bleiben Sie aber mit den Stakeholdern und Kooperations- und Geschäftspartnern in Russland weiterhin in gutem Kontakt. Die russischen Unternehmen und einzelne Menschen können nichts für die politische Entscheidung, einen Krieg zu beginnen – und unterstützen das auch nicht unbedingt."
Wenn Standorte geschlossen und Mitarbeiter gekündigt werden, ist auch die klare Kommunikation nach innen essentiell. Die Mitarbeiter sollten transparent, fair und früh genug informiert werden – und ihnen auch nach Möglichkeit Unterstützung angeboten werden.
Wenn es für Unternehmen Gründe gibt, die einen raschen Abbruch der Business-Beziehungen unmöglich machen - wie etwa Verträge oder Auflagen - dann sollte das Mitarbeitern, in der Öffentlichkeit und gegenüber Kunden kommuniziert werden. Auch beispielsweise mit einem Statement, das den Krieg verurteilt. Andernfalls würde der Ruf des Unternehmens beschädigt und eine pro-russische Haltung angenommen werden.
Strategie 2: Business mit Russland auf Eis legen
Wenn der russische Markt zum wichtigen Teil des Kerngeschäfts gehört, ist es auch für westliche Unternehmen schwierig, alle Zelte abzubrechen. Eine Alternative ist, das Geschäft vorläufig auf Eis zu legen.
Die Kommunikationsstrategie für das Stilllegen des Geschäfts
Auch in diesem Fall ist es entscheidend, mit den Stakeholdern in gutem Austausch und Kontakt zu bleiben und den Schritt nachvollziehbar zu argumentieren – ebenso, dass die Entscheidung nichts mit der Qualität der Zusammenarbeit zu tun hat. Zudem helfen regelmäßiger Austausch und Updates dabei, nach Kriegsende womöglich wieder das Geschäft aufnehmen zu können.
Strategie 3: Expansionspläne auf Eis, aber sonst aktiv bleiben
Eine dritte Gruppe von Unternehmen macht weiter aktiv Geschäfte in und mit Russland, hat aber Expansions- und Marketingaktivitäten vorerst auf Eis gelegt. Davon rät Laufer allerdings ab: „Das reicht vielen Kunden und Meinungsmachern in der Öffentlichkeit nicht als Positionierung gegen Russland, sondern wirkt wie Whitewashing, wie der Versuch, sich seine befleckte Weste reinzuwaschen. Das funktioniert in der Regel so aber nicht."
Die Kommunikationsstrategie für das Aussetzen der Expansion
Hier lässt sich auch mit Kommunikation nicht mehr viel retten. Laufers Kritik: „Auch wenn Unternehmen behaupten, dass sie nicht expandieren, laufen ihre Geschäfte in Russland ja wie gehabt weiter. Als negativ wahrgenommene Aktionen kann man mit Kommunikation ab einem gewissen Grad nicht mehr kompensieren. Diese Unternehmen müssen also damit rechnen, dass zumindest ihre westlichen Kunden ihnen diese Entscheidung dann übelnehmen.
Strategie 4: Business as usual
Unternehmen, die ihre Geschäfte mit Russland ohne Einschränkungen weiterführen gibt es kaum noch, und wenn dann sind es meistens auch keine westlichen Konzerne, sondern chinesische oder asiatische Unternehmen, die ihr Kerngeschäft mit Russland betreiben. Zum Teil sind diese Firmen auch pro-russisch und kämen in arge Turbulenzen , wenn sie ihr Business in Russland aufgeben.
Die Kommunikationsstrategie für das Weiterführen der Geschäfte
Es gibt nur eine einzige Strategie, das Weiterführen der Geschäfte kommunikativ zu behandeln. Das ist die des Verheimlichen. Was jedoch kritisch ist. Laufer: „Wenn diese Unternehmen auch Kunden im Westen haben, wird sich das negativ auf sie auswirken. Kunden würden dann eben woanders kaufen – vorausgesetzt sie wissen überhaupt, welche Produkte von diesem Konzern stammen. Das ist häufig gar nicht bekannt und auch nicht so einfach zu eruieren.“
ZUR PERSON

Daniel Laufer
Daniel Laufer ist ein amerikanischer Wissenschaftler mit Schwerpunkt im Bereich Krisenmanagement, der lange eine Kommentar-Reihe für das Wall Street Journal über bewährte Praktiken im Krisenmanagement führte. Aktuell arbeitet er als Professor für Marketing an der Victoria University of Wellington in Neuseeland und schreibt als Kolumnist für den New Zealand Herald, der meistgelesenen Zeitung Neuseelands:. Zuvor arbeitete er als Manager für eine der "Big Four" der US-Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gründete seine eigene Beratungsfirma.
Laufer ist Gastprofessor der MBA-Programme an der WU Executive Academy in Wien und dort seit vielen Jahren als Vortragender zum Thema “Crisis Communication“ in den MBA-Studiengängen aktiv.