COVID-19-LV: Lockerungen und mehr Eigenverantwortung

Die COVID-19-Lockerungsverordnung („COVID-19-LV“) sieht weitere Erleichterungen für das öffentliche Lebens, in der Gastronomie, auf Messen, bei Sport, Gericht und Behörden und vor allem bei der Nutzung des Mund-Nasen-Schutzes (MNS) vor. Es zielt mehr auf die Eigenverantwortung ab.

Thema: Corona: Recht im Ausnahmezustand
COVID-19-LV: Lockerungen und mehr Eigenverantwortung

Das Freizeitkickerl darf wieder aufgenommen werden, wird geradezu empfohlen - unter Auflagen, die zu schaffen sind.

Die letzte Änderung der COVID-19-Lockerungsverordnung („COVID-19-LV“), BGBl. II Nr. 266/2020, brachte weitere Lockerungen und überträgt nun deutlich mehr Verantwortung auf den Einzelnen. Im Wesentlichen ist die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Schutzmaske (MNS) in weiten Bereichen des öffentlichen Lebens entfallen. Dies gilt jedoch nicht für Gerichte und Behörden (s. dazu unten). Der Mindestabstand von 1 Meter soll jedoch – soweit als möglich – auch weiterhin eingehalten werden.

Im Detail sind folgende Änderungen durch die aktuelle Novelle (gültig ab 15.6.2020) eingeführt worden:

1. Wo muss künftig keine MNS mehr getragen werden?


Die Pflicht zum Tragen einer MNS ist im Wesentlichen entfallen:

  • im Kundenbereich von Geschäften;
  • in Gastronomiebetrieben (zwischen dem Betreten der Betriebsstätte und dem Absitzen am Tisch);
  • im Eingangsbereich von Hotels
  • in Museen, Ausstellungen, Bibliotheken, Archiven und sonstigen Freizeiteinrichtungen.

2. Wann muss weiterhin eine MNS getragen werden?


Die Pflicht zum Tragen einer MNS besteht weiterhin:

  • beim Betreten von Apotheken;
  • beim Betreten von Veranstaltungsstätten in geschlossenen Räumen;
  • bei Veranstaltungen ohne zugewiesene und gekennzeichnete Sitzplätze in geschlossenen Räumen;
  • in öffentlichen Massenbeförderungsmitteln sowie
  • in Taxis und in Fahrzeugen von taxisähnlichen Betrieben (Mietwagen, Uber u. ä.); dies gilt jedoch nicht für private Fahrgemeinschaft, solange in derselben Sitzreihe (einschließlich dem Lenker) nicht mehr als 2 Personen sitzen (das gilt insbesondere auch für die Rückbank).

3. Was gilt bei Gerichten und Behörden (und Strafvollzugsanstalten)?


Beim Betreten von Justizgebäuden (Zivilgerichte, Strafgerichte und Staatsanwaltschaft) sowie auch von Verwaltungsgerichten, gilt weiterhin die Pflicht, eine MNS zu tragen. Anstelle des MNS kann jedoch auch ein Gesichtsvisier aus durchsichtigem Hart-Material (Plexiglas), das die Mund-Nasen-Augen-Kinnpartie vorne und jeweils seitlich abdeckt, verwendet werden. Darüber hinaus haben sich die Personen die Hände zu desinfizieren (in den Justizgebäuden sind entsprechende Desinfektionsmittelspender aufgestellt).

Beim Zutritt zu den Gerichten nimmt der Sicherheitsdienst im Rahmen der Sicherheitskontrolle regelmäßig auch eine (kontaktlose) Körpertemperaturmessung vor.

Beim Betreten eines Verhandlungssaals bis zur Einnahme des entsprechenden Sitzplatzes ist ebenfalls eine MNS zu tragen. Dasselbe gilt beim Verlassen des Verhandlungssaals.

Die MNS soll grundsätzlich auch während der Verhandlung getragen werden, insbesondere dann, wenn die betreffende Person nur eine passive Rolle im Verfahren einnimmt (z.B.: ZuhörerInnen oder Begleitpersonen). Für aktiv an der Verhandlung Teilnehmende (z. B.: Parteien, Verteidiger, Zeugen) kann das Entscheidungsorgan (VerhandlungsleiterIn, RichterIn) das Abnehmen der MNS gestatten oder sogar ausdrücklich anordnen. Wenn keine diesbezüglichen Anordnungen erfolgen, soll die MNS jedoch getragen werden.

Für Verfahren vor Verwaltungsbehörden gilt, dass mündliche Verhandlungen, Vernehmungen, Augenscheine, Beweisaufnahmen und dergleichen nur dann durchgeführt werden dürfen, wenn sichergestellt ist, dass am Ort der Amtshandlung zwischen den anwesenden Personen der Mindestabstand eingehalten werden kann. Darüber hinaus müssen die an der Amtshandlung teilnehmenden Personen verpflichtend eine MNS tragen. Von dieser Pflicht sind lediglich Kinder bis zum vollendeten 6. Lebensjahr sowie Personen, denen das Tragen der MNS aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden kann, ausgenommen.

Für Strafvollzuganstalten gilt ebenfalls die Pflicht zum Tragen einer MNS beim Betreten der jeweiligen Justizanstalt:
Jedenfalls ist in Justizgebäuden, Strafvollzugsanstalten und in Verhandlungssälen den Mindestabstand einzuhalten (von den Gerichten ist sogar einen Mindestabstand von 1,5 bis 2 Meter vorgesehen). Aufzüge dürfen nur von maximal zwei Personen benützt werden.

4. Darf nun auch der Mindestabstand von 1 Meter unterschritten werden?


Von der Einhaltung des Mindestabstands an öffentlichen Orten (auch im Freien) kann nur in
Ausnahmefällen abgesehen werden, nämlich wenn Personen aufeinandertreffen,

  • die entweder im gemeinsamen Haushalt leben oder
  • zur einer „Besuchergruppe“ gehören.

Was unter einer Besuchergruppe zu verstehen ist, regelt die Verordnung nicht ausdrücklich. Zu einer Besuchergruppe können aber etwa solche Personen gezählt werden, die sich verabredet haben, gemeinsam ein Restaurant oder eine Veranstaltung zu besuchen oder sich gemeinsam für eine Veranstaltung anmelden oder gemeinsam einen Tisch in einem Gastronomiebetrieb reservieren. Unzulässig wäre es aber, wenn GastronomiebetreiberInnen oder VeranstalterInnen beliebig Besuchergruppen bilden.

5. Was ändert sich für die Gastronomie?


Die Sperrstunde wurde von 23:00 Uhr auf (längstens) 01:00 ausgedehnt. Restriktivere Sperrstunden und Aufsperrstunden aufgrund anderer Rechtsvorschriften oder Bescheiden (z.B.: Betriebsanlagengenehmigungen) bleiben aber weiterhin gültig.

Die ursprüngliche Definition der „Besuchergruppe“ im Sinne des § 6 Abs. 5 COVID-19-LV, wonach an demselben Tisch nur eine Besuchergruppe platziert werden durfte, die entweder aus 4 erwachsenen Personen (zuzüglich ihrer minderjährigen oder erziehungsbedürftigen Kindern) oder ausschließlich aus Personen, die in gemeinsamen Haushalt leben, bestand, ist ersatzlos entfallen.

Die aktuelle Fassung der COVID-19-LV enthält bezüglich der „Besuchergruppe“ keine zahlenmäßige Beschränkung mehr, sodass es nunmehr auch erlaubt ist, 6er, 8er oder 10er Tische (oder größer) aufzustellen.

Es liegt in der freien Entscheidung und Verantwortung der Gäste, sich zu einer Besuchergruppe zusammenschließen. BetreiberInnen von Gastronomiebetrieben und VeranstalterInnen können nicht beliebig Besuchergruppen bilden.

Die BetreiberInnen von Gastronomiebetrieben haben nach wie vor sicherzustellen, dass Tische so aufgestellt sind, dass der Mindestabstand von 1 Meter zwischen den einzelnen Besuchergruppen eingehalten wird.

Die BetreiberInnen und MitarbeiterInnen müssen bei Kundenkontakt weiterhin eine MNS tragen.

Weggefallen ist die Pflicht, dass BetreiberInnen bei der Abholung vorbestellter Speisen und/oder Getränke sicherzustellen haben, dass diese nicht vor Ort konsumiert werden.

6. Gibt es besondere Lockerungen für Beherbergungsbetrieben?


Entfallen ist die generelle Schutzmaskenpflicht für die BetreiberInnen und ihre MitarbeiterInnen bei Kundenkontakt (§ 7 Abs. 5 COVID-19-LV), sowie auch die Pflicht, im gesamten Bereich des Eingangs und der Rezeption eine MNS zu tragen (§ 7 Abs. 3 COVID-19-LV).

7. Was hat sich bei der Sportausübung geändert?


Für das Betreten sämtlicher Sportstätten – sowohl in geschlossenen Räumen als auch im Freien – gilt nur mehr die Einschränkung, dass gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten ist.

Für die eigentliche Sportausübung in einer Sportstätte bleibt die Pflicht zur Einhaltung eines Mindestabstandes von 2 Metern gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, aufrecht; kurzfristige Unterschreitungen dieses Abstands sind jedoch ausdrücklich erlaubt.

8. Welche Maßnahmen sind für Veranstaltungen relevant?


Hochzeiten und Begräbnisse sind nunmehr ausdrücklich den „Veranstaltungen“ gemäß § 10 Abs. 1 COVID-19-LV zugeordnet, sodass sämtliche Einschränkungen (Mindestabstand, MNS) auch auf Hochzeiten und Begräbnisse anzuwenden sind.

Die „Sperrstundenregelung“ nach § 6 Abs. 2 COVID-19-LV (06:00 bis 01:00 Uhr) gilt auch für Veranstaltungen.

Bei Veranstaltungen mit zugewiesenen und gekennzeichneten Sitzplätzen haben die BesucherInnen nach wie vor einen Abstand von mindestens einem Meter gegenüber Personen einzuhalten, mit denen sie nicht im gemeinsamen Haushalt leben oder mit denen sie nicht eine gemeinsame Besuchergruppe bilden.

Wie im Gastronomiebereich ist es auch bei Veranstaltungen möglich, dass sich mehrere BesucherInnen als Besuchergruppe anmelden. Diese Personen müssen dann keinen 1-Meter-Abstand zueinander einhalten.

Beim Betreten von Veranstaltungsorten in geschlossenen Räumen ist weiterhin ausnahmslos eine MNS zu tragen. Die MNS darf nur abgenommen werden, solange sich die BesucherInnen auf den ihnen zugewiesenen Sitzplätzen aufhalten.

Die Pflicht, dass VeranstaltungsbesucherInnen auch dann eine MNS tragen müssen, wenn sie sich zwar auf ihren zugewiesenen Sitzplätze befinden, der 1-Meter-Abstand aber trotz Freilassen der seitlich daneben befindlichen Sitzplätze nicht eingehalten werden kann (§ 10 Abs. 7 COVID-19-LV), entfällt dann, wenn die betroffenen Personen im gemeinsamen Haushalt leben oder derselben Besuchergruppe angehören.

Für Veranstaltungen ohne zugewiesene Sitzplätze hat sich nichts geändert, sodass die BesucherInnen gegenüber Personen, mit denen sie nicht im gemeinsamen Haushalt leben, weiterhin ausnahmslos den Mindestabstand von einem Meter einzuhalten haben. Hinzu kommt die Pflicht zum Tragen einer MNS in geschlossenen Räumen.

9. Welche Besonderheiten gelten für Fach- und Publikumsmessen?


Neu ist die Regelung für Fach- und Publikumsmessen (§ 10a COVID-19-LV). Bei der Organisierung von Fach- und Publikumsmessen sind insbesondere folgende Bestimmungen einzuhalten:

  • Fachmessen und Publikumsmessen sind nur mit Bewilligung der für den Veranstaltungsort örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zulässig (vergleichbar mit großen Veranstaltungen nach § 10 Abs. 4 COVID-19-LV mit bis zu 1000 Personen in geschlossenen Räumen und mit bis zu 1250 Personen im Freiluftbereich).
  • Wie das Bewilligungsverfahren konkret abläuft (z. B.: welche Unterlagen bei der Beantragung einer Bewilligung vorzulegen sind) hat der Verordnungsgeber derzeit weitgehend offen gelassen. Jedenfalls ist ein COVID-19-Präventionskonzept zu erstellen und ein COVID-19-Beauftragter zu bestellen. Für die ordnungsgemäße Umsetzung des COVID-19-Präventionskonzepts haftet der Veranstalter.
  • Für das Betreten von Fach- und Publikumsmessen gilt die allgemeine Regel, dass gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, der Mindestabstand von 1 Meter einzuhalten ist. Wenn die Einhaltung des Mindestabstandes nicht möglich ist (und nur dann), müssen BesucherInnen eine MNS zu tragen. Dabei handelt es sich um die Verpflichtung des einzelnen Besuchers.
  • Die VeranstalterInnen haben sicherzustellen, dass Personen mit Besucherkontakt eine MNS tragen (dies gilt insbesondere für Security, Ordner, Platzanweiser, Garderobe, Rettungskräfte uä.), es sei denn, zwischen den Personen gibt es sonstige geeignete Schutzvorrichtung zur räumlichen Trennung, die das gleiche Schutzniveau gewährleistet (§ 10a Abs. 3 Z 2 COVID-19-LV).
  • Werden Speisen verabreicht und/oder Getränke ausgeschenkt, gelten auch auf Messen die Bestimmungen für Gastronomiebetriebe (§ 6 COVID-19-LV).

Zwar gelten die Bestimmungen der Lockerungsverordnung vorerst nur bis zum 31.8.2020, es ist aber davon auszugehen, dass auch über diesen Zeitraum hinaus weiterhin Schutzmaßnahmen angeordnet oder die derzeit geltenden verlängert werden. Es ist auch nicht auszuschließen, dass die derzeit geltenden Maßnahmen noch weiter stufenweise abgeschwächt werden.


Für weitere Fragen zum Thema haben die Rechtsanwälte Lansky, Ganzger & Partner eine Online-Informationsseite unter lansky.at/de/newsroom/news/faq-corona/ erstellt und stehen für Nachfragen per E-Mail unter office <AT> lansky.at zur Verfügung.


Beachten Sie auch die weitere Serie mit Rechts-Tipps, eine Kooperation von trend.at und den Rechtsanwälten Lansky, Ganzger & Partner. Die bisher erschienen Beiträge finden Sie zusammengefasst im Thema "Corona - Recht im Ausnahmezustand".


[THEMA]: Rechtsschutz - die D.A.S.-Experten geben Rat

Alkohol und Autofahren vertragen sich nicht. Grundsätzlich sollte die Maxime sein: Don't Drink & Drive.
Alkohol am Steuer: Promille-Rechner und wie Alkohol im Blut wirkt

Bei Alkohol am Steuer kennt der Gesetzgeber keine Gnade. Wie Alkohol …

Betriebsrat: Die Rechte und Aufgaben

Der Betriebsrat wacht laut Arbeitsrecht über Kollektivverträge, Gesetze …

Unterschied GmbH, Einzelfirma, OG und KG: Was Gründer wissen sollten

Welche Rechtsform am günstigsten ist, was für oder gegen eine GmbH oder …