Musikindustrie jubelt erstmals richtig über Digitale Musik
Die Musikindustrie hat offenbar ihre Krise überwunden. Sie verzeichnet den stärksten Anstieg seit mehr als 20 Jahren. Und vor allem greifen die Internet-Musikdienste, die der Branche kräftige Nutzer- und Umsatzzuwächse bescheren. Der erklärte Feind der Branche heißt nun YouTube.
iTunes, Spotify und Co haben der Musikindustrie 2016 ein feines Plus beschert.
Kaum eine Industrie wurde von der Digitalisierung so hart getroffen wie die Musikindustrie. Das Lamentieren wegen illegaler Downloads ist nun endgültig vorbei. Der Spagat zwischen der analogen und digitalen Welt scheint endgültig geschafft.
Im vergangenen Jahr kletterten die Verkaufserlöse dem globalen Musikverband IFPI (International Federation of the Phonographic Industry) zufolge weltweit um 5,9 Prozent auf 15,7 Milliarden Dollar (14,47 Milliarden Euro). Das ist der höchste Wert seit dem Jahr 1997, als die IFPI als Branchenvertreter von rund 1.300 Unternehmen der Musikindustrie die Umsatzzahlen in einem globalen Report veröffentlicht.
Streamingdienste haben demnach der Musikindustrie 2016 das stärkste Wachstum seit mindestens 20 Jahren beschert. Und erstmals seit 20 Jahren bringt der Umsatz mit digitaler Musik genau die Hälfte des Gesamtumsatzes.
Rückläufig ist allerdings der Umsatz mit Musikdownloads um rund 20,5 Prozent genauso wie der Verkauf von Musikträgern, der um 7,5 Prozent zurückgegangen ist. Der Umsatz ist beim Musikstreaming um 60,4 Prozent im Jahresabstand gestiegen. Der Umsatzzuwächse mit digitaler Musik beläuft sich auf 17,4 Prozent. Streaming hat somit den Rückgang bei den Downloads weit mehr als nur kompensiert.

Globaler Musikmarkt 2016: Das digitale Geschäft der Musikindustrie boomt - Massive Zuwächse gibt es vor allem beim Musik-Streaming.
Streaming wird demnach zum Umsatztreiber der Musikindustrie. Vor allem in Dritte-Welt-Ländern ist ein kräftige Umsatzzuwachs zu erkennen. Zudem ist eine verstärkte Nachfrage und Umsatzzuwachs in den bevölkerungsreichen Ländern wie China (+20,3 Prozent) , Indien (+26,5 Prozent sowie Mexiko (+23,6 Prozent) zu verzeichnen.
Auch in Österreich hat das Musik-Streaming seinen Erfolgslauf mit einem Wachstum von +56 Prozent fortgesetzt. In Summe gingen die Umsätze am heimischen Musikmarkt aber weiter zurück. Die Branche muss ein Minus von 4,4 Prozent hinnehmen.
Digital ist besser
In Summe brachte das digitale Geschäft der Branche wie schon im vorangegangenen Jahr auch 2016 mehr die Hälfte der Jahreseinnahmen ein. Zum Jahresende 2016 wurden 112 Millionen Nutzer bei Streamingdiensten verzeichnet. Dies sei unter anderem auch darauf zurückzuführen, dass die Musikindustrie laut IFPI in Musikplattformen investiert habe und mittlerweile über 40 Millionen Musiktitel "über Hunderte von Musikservices" anbietet. Bei Anbietern wie Spotify, Apple Music, Napster oder Deezer kann Musik direkt aus dem Netz via Smartphone, Tablet-Computer oder PC abgespielt werden.
"Die Musikbranche arbeitet seit 15 Jahren daran, um auf den Wachstumspfad zurückzukehren", teilt IFPI mit. Infolge der Digitalisierung hat die Musikindustrie Umsatzeinbußen von rund 40 Prozent zu verzeichnen. Und die Musikindustrie reibt sich bereits die Hände: "Das Musikpotenzial hat keine Grenzen."
Kampf gegen YouTube und illegale Anbieter
Der Kampf gegen illegale Musikanbieter bleibt indessen eine unverändert große Herausforderung. Die Musikindustrie hat 19,2 Millionen Internetseiten aufgespürt, über die Musik illegal zum Download oder im Streaming anbieten. An Google wurden 339 Millionen Ansuchen gestellt diese Adressen, die Copyright-Verletzungen begünstigen, aus dem Suchalgorithmus zu löschen.
Doch es sind nicht nur die illegalen Download-Seiten, die der Branche und den Musikschaffenden das Leben schwer machen. In der Branche hat man dem Phänomen, das Künstlern und Produzenten massive Nachteile bereitet, Value Gap genannt.
Verstanden wird darunter der unfreiwillige Wertetransfer von den Kreativschaffenden zu Online-Plattformen, wie etwa YouTube, Dailymotion & Co, heißt es im Bericht der österreichischen IFPI. Nie seien das Musikangebot und der Musikkonsum größer gewesen – vor allem auch über diese Plattformen - , aber dennoch sei ein substanzielles Wachstum in der Musikbranche ausgeblieben, denn: Selbst wenn Streaming-Angebote eine willkommene Zukunftsperspektive sind - der weltweit größte Musik-Streaming-Anbieter heißt YouTube, und von der zu Google gehörenden Plattform erhalten Musikschaffende und Labels bis heute entweder überhaupt keine oder nur eine minimale Abgeltung für die Nutzung und Verbreitung der urheberrechtlich geschützten Werke.
"Möglich wird diese Marktverzerrung durch ein rechtliches Schlupfloch", halten die heimischen IFPI-Vorstände Dietmar Lienbacher und Franz Medwenitsch fest, "Obwohl die Plattformen den Content auf ihren Plattformen mit ausgeklügelten Algorithmen sortieren, kuratieren und promoten, also anbieten, lehnen sie jede Verantwortung für die urheberrechtliche Lizenzierung des Contents ab." Das Argument von YouTube & Co: Man sei ein neutraler, technischer Dienstleister, der bloß eine Plattform, einen Webspace, zur Verfügung stellt.
Die IFPI untermauert die Relevanz von YouTube mit Zahlen: 82% aller YouTube-User geben demnach als Präferenz das Streamen von Musik an. YouTube erreicht weltweit bereits eine Milliarde User und der Gesamtumsatz von YouTube und Google lag im Vorjahr bei über 65 Milliarden US-Dollar. Die Lizenzerträge der Musikbranche bei YouTube lagen aber zuletzt bei deutlich unter einem Euro pro User und Jahr. Bei anderen Streaming-Diensten wie Spotify, Deezer & Co lag der Vergleichswert bei 16 Dollar.
Im Rahmen der Vorschläge zur Neugestaltung des Urheberrechts hat die EU im September 2016 einen von der IFPI begrüßten Vorschlag ausgearbeitet, wie der Value Gap ausgemerzt werden könnte. Nun fordert die IFPI dazu auf, rechtliche Schritte konsequent zu schließen. Denn die Zukunft der Musikindustrie liegt - darin ist sich die Branche einig - im Digitalgeschäft. Auch das stetig wachsende Interesse an Schallplatten (+25 Prozent im Jahr 2016) sollte nicht überbewertet werden, denn Schallplatten werden trotz der erfreulichen Entwicklung immer ein Nischenprodukt bleiben. Medwenitsch: "Das künftige Wachstum der Musikwirtschaft liegt im Digitalmarkt, aber ohne faire Rahmenbedingungen kann das vorhandene Wachstumspotenzial nicht ausgeschöpft werden."
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Der Österreichische Musikmarktbericht 2016 zum Download
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