„Google hat den Suchmarkt auf sich voreingestellt“

Die Kritiker von Google werfen dem Konzern eine Ausnutzung seiner Vormachtstellung bei Suchanfragen im Web vor. Michael Weber, Chef eines deutschen Internet-Kartendienstes, erklärt, welche Argumente die Google-Gegner haben - und hat auch einige drastische Visionen parat.

„Google hat den Suchmarkt auf sich voreingestellt“

Google sieht sich in Europa steigenden Drucks ausgesetzt . Die EU-Kommission will den US-Konzern zu weitreichenden Zugeständnissen an die Konkurrenz zwingen. Das Kernargument: Google bevorzuge bei der Beantwortung von Suchanfragen eigene Dienste, was angesichts der Marktdominanz Folgen für das Geschäft der Konkurrenz habe. Derzeit laufen die Verhandlungen. Organisation wie FairSearch , hinter der unter anderem Microsoft steckt, wollen erreichen, dass die EU den Druck weiter erhöht und dass es zu keinen Kompromissen kommt.

Die Dominanz von Google wirkt sich beispielsweise für die Anbieter von Online-Kartendiensten stark aus. Michael Weber, Chef der deutschen Hot Maps , tut sich daher beim Kampf gegen Google hervor. Mit seinem Unternehmen will er „den Look und Feel klassischer Faltpläne “ im Internet erhalten.

Sein Argument gegenüber Google: Man habe mit eigenen Karten keine Chance, an Google Maps vorbei zu kommen. "Das geht aber auch Wetterdiensten, Nachrichtenmedien, Preissuchmaschinen, Videowebsites, Reisesuchen und vielen anderen Branchen so, zu denen Google eigene Produkte an hervorgehobener Stelle einblendet.“ Für die Kartellanzeige der Google-Konkurrenten sei mittels Eye-Tracking untersucht worden, wie viele Nutzer auf die hervorgehobenen Bilder von Google Maps oben auf den Suchergebnissen klicken. Das Ergebnis: 80 Prozent tun das. „Das bedeutet, dass alle anderen Kartendienste sich die restlichen 20 Prozent teilen müssen“, sagt Weber.

Hat Google reagiert?

Weber behauptet, dass Google in den vergangenen Monaten seine eigenen Dienste sogar noch weiter hervorgehoben habe. „Die Google Maps werden nun fast doppelt so groß wie zum Zeitpunkt unserer Kartellanzeige und Studie eingeblendet.“ Was fordern nun Weber und seine Mitstreiter? „Wäre Google guten Willens, lauteren Wettbewerb zu führen und den Nutzern einen vielfältigen Dienst zu bieten, könnten Sie über Nacht diese Einblendungen beenden oder die Karten qualifizierter Mitbewerber abwechselnd zeigen, als eine Art bebildertes Suchergebnis.“

Liegt es andererseits nicht in der Natur der Sache, dass Google eben eigene Dienste bevorzugt? Weber: „Da Google in der EU bis zu 95 Prozent Marktanteil bei der Internetsuche hat, gelten für sie andere wettbewerbsrechtliche Maßstäbe als für Suchmaschinen mit wesentlich geringerem Marktanteil.“ Der Kartendienst Google Maps sei rechtlich und kaufmännisch gesehen ein eigenständiges Produkt; es sei „über Jahre kosten- und anzeigenfrei verbreitet“ worden, um es beliebt zu machen. „Google hat diesen Dienst mit der Suche gebündelt und quersubventioniert, um ihn in den Markt zu drücken, was unzulässig ist.“

Der Vergleich mit der ÖBB

Weber hat einen Vergleich aus dem Tourismus parat: „Stellen Sie sich vor, die ÖBB würden fast 90 Prozent aller Züge weltweit besitzen. Dann würde das Unternehmen in den Hotelmarkt einsteigen und sich fortan weigern, Gäste anderer Hotels zu transportieren - außer die bezahlen extra für Werbung auf dem Zug.“ Der Aufschrei wäre groß, bis die Kartellbehörden einschreiten und dem Ganzen ein Ende bereiten würden.

Google habe den Suchmarkt auch mit "geschickten Deals, mit Browsern, Web-Portalen und Handy-Herstellern" so auf sich eingestellt, dass man ohne Google kaum noch an Internet-Besucher komme. Ein Beweis dafür: Wer in der Browser-Leiste oben keine gültige Adresse eintippt, sondern einen Suchbegriff, kommt in den meisten Fällen zunächst mal zu Google.

Was wird die EU tun?

Weber glaubt, dass die Chancen, dass es bei den Verhandlungen zwischen der EU und Google zu einem für ihn akzeptablen Ende kommt, eher gering sind: „Googles Taktieren hat letztlich leider nur zu einer Verzögerung geführt.“ Mit jedem verlorenen Tag werde Google „reicher und unantastbarer“, während europäische Internetfirmen dank Google nicht vorwärts kommen und geschwächt werden. Dabei sei die Internetsuche „genauso wichtig wie Straßennetz, Telefon-, Rundfunk-, Strom- und Wasserversorgung“. Irgendwann werde das Internet „ähnlich streng reguliert sein, noch herrscht das Recht des Stärkeren“, glaubt der Unternehmer.

Webers Visionen

Weber hat auch eine böse Vision parat: „Wenn Google nicht sehr bald Grenzen gesetzt werden, befinden wir uns am Anfang der schlimmsten Science-Fiction-Utopie: Ein Riesen-Computer beeinflusst fast alle wirtschaftlichen Strömungen und Meinungsbildung in den meisten Staaten, sammelt Daten über jeden – und gibt diese automatisch den Geheimdiensten weiter, die per Rasterfahndung unliebsame Andersdenkende erst als Datensatz herausfischen und dann mithilfe des Handy- oder Brillensignals orten und in Person abholen kommen.“

Das erscheint als Vision einigermaßen drastisch – es bleibt abzuwarten, welche Argumente die Google-Gegner sonst noch ins Feld führen, wie Google reagiert und vor allem: Wie werden sich die jüngsten Erkenntnisse über die Bespitzelung der Internetfirmen durch die NSA auswirken?

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