No Deal-Brexit kostet der Autobranche über 100 Milliarden

Bis zu 22 Prozent Einfuhrzölle auf Autos von Großbritannien in die EU drohen ab 2021. Was das für die Branche und den Endkonsumenten bedeuten könnte. Insgesamt steht Großbritannien laut Prognosen eine gigantische Kündigungswelle bevor.

No Deal-Brexit kostet der Autobranche über 100 Milliarden

Die europäische Autobranche schlägt Alarm und warnt für den Fall eines Brexit ohne Handelsvertrag vor Milliardenkosten. Neuen Berechnungen zufolge würden bei einem "No Deal" die EU- und die britische Autobranche über die kommenden fünf Jahre insgesamt 110 Milliarden Euro Einbußen erleiden, teilte der europäische Branchenverband Acea am Montag in Brüssel mit.

Großbritannien ist zwar schon am 31. Jänner aus der EU ausgetreten. Doch gelten in einer Übergangsfrist bis zum 31. Dezember EU-Regeln im Vereinigten Königreich weiter. Der wirtschaftliche Bruch kommt erst dann. Um Zölle und hohe Kosten zu vermeiden, verhandeln beide Seiten seit Monaten über einen Handelspakt. Die Gespräche stocken aber seit langem.

Acea betonte, ohne Vertrag müssten sich vom 1. Jänner 2021 an beide Seiten an die Vorgaben der Welthandelsorganisation (WTO) halten. Demnach würden für Autos zehn Prozent Einfuhrzoll fällig sowie bis zu 22 Prozent auf Liefer- und Lastwagen. "Solche Zölle - weit höher als die geringen Margen der meisten Hersteller - müssten mit ziemlicher Sicherheit an die Verbraucher weitergegeben werden, was Fahrzeuge teurer macht, die Auswahl verringert und die Nachfrage beeinträchtigt", hieß es in der Mitteilung, die auch vom deutschen Branchenverband VDA unterzeichnet wurde.

Auch Zulieferer geraten in Bedrängnis
Ein Austritt Großbritanniens aus der EU ohne Handelsvertrag gefährde auch Zulieferer, zahlreiche Jobs gerieten in Gefahr. Der Verband forderte die Verhandlungsführer auf, alles Mögliche zu tun, um doch noch bis zum Jahresende einen Handelsvertrag zu vereinbaren.

Mehr als 100 Werke könnten betroffen sein
VDA-Präsidentin Hildegard Müller warnte angesichts von mehr als 100 Produktionsstandorten der EU-Hersteller in Großbritannien vor großen Schäden durch die Einführung von Zöllen. "Dies würde eng miteinander verbundene Wertschöpfungsketten gefährden und möglicherweise unrentabel machen", sagte sie der Mitteilung zufolge.

Die britische Autoindustrie ist stark auf den Export in die EU ausgerichtet. Im vergangenen Jahr wurden im Vereinigten Königreich rund 1,3 Millionen Passagierautos produziert.

650.000 Menschen droht Kündigung
Großbritannien steckt insgesamt einer Studie zufolge wegen der Coronarezession in der größten Entlassungswelle seit vielen Jahren. Mindestens 650.000 Menschen dürften zwischen Juli und Dezember 2020 ihre Jobs verlieren, wie die unabhängige Forschungsorganisation Institute for Employment Studies am Montag in London mitteilte.

Großteil unvermeidlich
"Leider scheint ein Großteil dieser Umstrukturierung jetzt unvermeidlich zu sein", hieß es in der Studie. Die angekündigten Entlassungen würden mehr als doppelt so hoch ausfallen wie während der Rezession 2008/09 in der Finanzkrise.

Britische Wirtschaft stärker eingebrochen als etwa in Deutschland
Das Institut rät der Regierung zum Gegensteuern - etwa durch die Senkung der Beschäftigungskosten. Auch könnten Branchen und Bereiche, die längerfristig lebensfähig sind, "gezielte" Lohnzuschüsse bekommen. Finanzminister Rishi Sunak widersetzt sich bisher Forderungen nach einer Verlängerung des Coronaprogramms zur Jobsicherung, das Ende Oktober auslaufen soll. Arbeitgeberverbände drängen ihn, die Sozialversicherungsbeiträge zu senken, um den erwarteten Anstieg der Arbeitslosigkeit abzuschwächen. Die britische Wirtschaft ist im Frühjahrsquartal um mehr als ein Fünftel abgestürzt. Zum Vergleich: Das deutsche Bruttoinlandsprodukt sank mit 9,7 Prozent weniger als halb so stark.

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